Gehst du vom Hauptplatz, hinter dem Rathaus, stadtauswärts durch die Bisambergerstraße, zweigt bald links eine kleine Gasse ab, die Rossmühlegasse. Am Eck ein Restaurant, eine Pizzeria, dahinter der Gastgarten und dann sieht man ein wuchtiges altes Gebäude, gemauert aus Bruchsteinen, bewachsen, verwittert und mit teilweise vermauerten Öffnungen. Es war eine Synagoge – ein Bethaus und Zentrum einer jüdischen Gemeinde. Heute ist sie eine Ruine, provisorisch mit einem Dach versehen und als private Autowerkstatt verwendet.
Dieses Gebäude ist eines der bemerkenswertesten und wichtigsten Zeugnisse mittelalterlicher Synagogenarchitektur im deutschsprachigen Raum und weit über unsere Grenzen hinaus bekannt. Es ist die älteste und größte ehemalige Synagoge im heutigen Österreich und in Korneuburg das älteste in seiner Gesamtstruktur erhaltene Gebäude.
Diese jüdische Gemeinde entstand im frühen 13. Jahrhundert. Die Juden lebten nahe dem Stockerauer Tor, wo heute die Augustinerkirche steht. Bei einem Pogrom im Jahr 1305 wurden zehn Juden, unter dem Vorwurf der Hostienschändung getötet. Dies war eine betrügerische Inszenierung, um sie zu vertreiben.
In den folgenden Jahrzehnten siedelten die Juden neuerlich, diesmal aber im Osten der Stadt und erbauten diese Synagoge. Sie war damals, nach der Wiener Synagoge, die größte im Bereich des jetzigen Österreichs. Vielleicht 70, maximal 100 Jahre blieb sie in ihrer Funktion, dann, im Jahr 1421 wurden die Juden aus Wien und Niederösterreich vertrieben.
Die Synagoge wurde ein Getreidespeicher. Kaiser Friedrich III. schenkte diesen im Jahr 1460 der Stadt. Das Gebäude hatte vielfache Verwendung, als Schüttkasten, Lager für Töpfereiwaren, Magazin und schließlich eine Rossmühle, d.h. eine von Tieren betriebene Mühle. Im Jahr 1646, während des 30-jährigen Krieges, wurde das Haus, bei der Belagerung zur Befreiung der Stadt von den Schweden, zerstört. Es blieb Ruine, bis es 1766 wieder als Speicher aufgebaut in Privatbesitz überging.
Ein Sturm zerstörte 1942 das Dach, seither ist das Gebäude wieder eine Ruine. 1980 wurde die ehemalige Synagoge unter Denkmalschutz gestellt und harrt nun einer Restaurierung. Dieses Vorhaben hat gute Chancen realisiert zu werden. Die Stadtgemeinde ist willens sie zu kaufen, zu restaurieren und als Kulturhaus, als Arbeits- und Ausstellungstätte für Künstler, zu widmen. Sie soll aber auch für die Allgemeinheit zugänglich gemacht werden und eine kleine Ausstellung über die Gebäudegeschichte und die Geschichte der beiden jüdischen Gemeinden beinhalten.
Die
Covid-Pandemie verzögert derzeit, wie so vieles auch dieses Projekt.
