Über ein altes und neues Schulbuch und die Freude neuer
Leser*innen
22 Jahre sind eine lange Zeit …
… zumindest für ein Schulbuch! So lange ist es her, dass der
Museumsverein Korneuburg für alle Schüler*innen der dritten Volksschulklassen
in Korneuburg ein eigenes Buch herausgegeben hat. Seit 1998 wurde es,
finanziell unterstützt von der Sparkasse Korneuburg, den Schulkindern geschenkt.
In der dritten Schulstufe stand und steht u. a. das erste Kennenlernen der Geschichte der Gemeinde auf dem Lehrplan. Weil es bis dahin kein „Korneuburg-Buch“ oder
gesammeltes Wissen für Lehrer*innen über die Stadt gab, wurde ab diesem
Zeitpunkt das Korneuburger Schulbuch zu einem wichtigen Unterrichtsmittel. Im
Laufe der Zeit ist aber nicht nur die Gestaltung des Buches in die Jahre
gekommen, auch neue wissenschaftliche Forschungen zur Stadtgeschichte machten
eine Neuschreibung des Buches notwendig.
Startschuss für das Projekt „Schulbuch Korneuburg“
Der Wunsch des Museumsvereins nach einem neuen Schulbuch war auch im Interesse der Stadtgemeinde. Zur Finanzierung konnte die Sparkasse Korneuburg Privatstiftung gewonnen werden, die das Projekt mit 12.000,-- Euro unterstützte. Somit kann in den nächsten Jahren allen Korneuburger Schüler*innen der dritten Schulstufe ein Buch geschenkt werden.
Ende 2019
wurde mit der Arbeit begonnen. Für die Projektleitung sowie Gestaltung war Mag.a
Melanie Lopin, (Kulturvermittlerin / stv. Obfrau des Museumsvereins) zuständig,
die inhaltliche Bearbeitung übernahm die Historikerin Dr.in Kornelia
Holzner-Tobisch (Österr. Akademie der Wissenschaften / Kustodin für
Stadtgeschichte, Museumsverein), die pädagogische Beratung die Lehrerin
Michaela Stöckl. Unterstützt wurden sie von weiteren Mitgliedern des
Museumsvereins.
Ein Geschichtsbuch für Kinder
Was aber macht ein Geschichtsbuch für Kinder aus? Entsprechend den
Ansätzen der Kulturvermittlung war schnell klar: Es sollte ein Lesebuch und ein
Arbeitsheft entstehen, um die Geschichte Korneuburgs leicht verständlich und spielerisch
zu vermitteln. Für Lehrer*innen sollte ein fächerübergreifend einsetzbares Unterrichtsmittel
bereitgestellt werden. Vertiefende Informationen werden deshalb von einem Maskottchen
erzählt. Auch die Wissensvermittlung durch ein Arbeitsheft, das aus einzelnen, heraustrennbaren
Blättern besteht, stellt eine neue Ergänzung dar. Lesebuch und Arbeitsheft
bieten außerdem eine Lesereise rund um den Hauptplatz, einen Stadtspaziergang
und zwei Rätselrallyes, die zu Entdeckungstouren durch Korneuburg einladen.
Von Dienstboten, Bettelnden und Lehrerinnen
Inhaltlich sollte Korneuburgs Geschichte nicht nur als eine Vielzahl von Daten und Fakten, Gebäuden und Denkmälern erzählt werden, sondern auch als Geschichte von Männern, Frauen und Kindern, die hier gelebt und gearbeitet haben. Teil dieser Geschichte waren neben wohlhabenden Bürgerinnen und Bürgern auch Dienstboten, Bettlerinnen und Bettler und Arbeiterinnen und Arbeiter. Heute (in Österreich) kaum mehr vorstellbare Lebens- und Arbeitswelten, wie der 14-Stunden-Arbeitstag, schlechte hygienische Bedingungen (Toilette im Hof, Wasserholen vom Brunner) oder der so gefürchtete Schulalltag, sollen ahistorischen Vorstellungen vom „guten alten Korneuburg“ vorbeugen.
Ein besonderes Anliegen war es auch, eine Geschichte von Männern UND Frauen zu schreiben und die Frauen sprachlich nicht hinter den Männern (z.B. hinter Bürgermeistern, Bürgern, Arbeitern) verschwinden zu lassen. Um die Schülerinnen und Schüler dafür zu sensibilisieren, wurde auch darauf verwiesen, dass Stadtratsämter für Frauen lange Zeit nicht zugänglich waren oder dass der Begriff „BezirkshauptMANNschaft“ Ausdruck der patriarchalischen Verfasstheit der Gesellschaft ist. Neben bekannten Korneuburger Männern wie Leopold Chimani oder Vater und Sohn Schaumann fanden auch bedeutende Frauen wie Antonia Eberle für ihr Engagement für die Armen oder die Lehrerin Marianne Nigg, die sich für Frauenrechte und Mädchenbildung einsetzte, ihren Platz im Schulbuch.
Als dritter wichtiger Punkt ist der interreligiöse Ansatz zu nennen.
Auch wenn die christliche und jüdische Geschichte Korneuburgs dominiert, sind
auch Muslime Teil dieser Geschichte. Im Schulbuch werden auch die Symbole und
die Gebetsstätten aller fünf Weltreligionen (Arbeitsheft) vorgestellt.
Ein Maskottchen und 107 Zeichnungen
Um die Schüler*innen von Anfang an miteinzubeziehen, konnten die zweiten Klassen den Namen des Maskottchens selbst wählen. So kam die schlaue Schulbuch-Ratte zu ihrem Namen „Ricky“. Ricky begleitet die Kinder durch das Buch, erklärt, stellt Fragen, gibt Hinweise und Antworten.
Zusätzlich gab es in den dritten Klassen ein Zeichen-Projekt zu den Themen des Schulbuchs. Trotz Corona und Lockdown entstanden 107 (!) Zeichnungen für das Schulbuch, die ein wesentliches Gestaltungselement sind. Die Vorfreude der Schüler*innen auf „ihr“ neues Schulbuch muss nun leider ein wenig länger anhalten. Die geplante Vernissage mit den Werken und die persönliche Übergabe der Bücher wurde coronabedingt verschoben. Dafür freut sich Ratte Ricky schon umso mehr darauf, mit den Schüler*innen vielleicht im Frühling eine Zeitreise durch die Stadt zu unternehmen!
Das Schulbuch-Team: Melanie
Lopin, Kornelia Holzner-Tobisch, Michaela Stöckl



