Die erste jüdische Gemeinde existierte vermutlich schon im 13. Jahrhundert in Korneuburg. Die Juden siedelten nahe dem Stockerauer Tor.
Ein Pogrom brachte 1305 Unglück und Tod über die Korneuburger Juden. Nach einigen Jahren kamen andere wieder in die Stadt, sie bauten eine Synagoge, ihre Ruine existiert heute noch und lebten im Osten der Stadt. 1420 wurden sie von Herzog Albrecht aus ganz Niederösterreich vertrieben.
Wieder zurück kamen die Juden erst nach der Revolution 1848. Schnell entstanden Gemeinden in Korneuburg und Stockerau. Minjanvereine wurden gegründet, 1856 in Stockerau, 1859 in Korneuburg. Stockerau war nun die größere Gemeinschaft. 1874 erbaute die jüdische Gemeinde dort ihren Friedhof und 1903 die Synagoge. Von Beruf waren sie Kaufleute, Beamte, Ärzte, Rechtsanwälte und Gewerbetreibende, die hier ihre Häuser bauten und eifrig bei der Entwicklung der beiden Städte mitwirkten. 1907 wurde gemeinsam eine Kultusgemeinde gegründet, es war der Höhepunkt einer prosperierenden Entwicklung des jüdischen Bürgertums.
Als Österreich-Ungarn den großen Krieg begann, da waren die Juden als Soldaten, Offiziere und Ärzte mit dabei. Sie kämpften, starben und kamen in Gefangenschaft. Nach der Heimkehr waren sie am Aufbau eines neuen Österreichs beteiligt. Trotz allem Eifer, Arbeit und Entbehrungen erfuhren sie Ablehnung und gesellschaftliche Ausgrenzung. Dann kamen der Hass und die Feindschaft und plötzlich waren sie Parias der Gesellschaft. Es war ein anderes politisches System, gewalttätig, grausam und es nahm ihnen ihre Würde. Es waren aber noch immer ihre Nachbarn und dieselben Menschen wie in den vergangenen Zeiten. In Folge vertrieb man sie gänzlich aus ihrer Heimat, die aber, die nicht flüchten konnten schickte man in die Fabriken der Vernichtung.
„Heute gibt es nur noch die langsam verfallenden Friedhöfe und niemanden interessiert das Leben dieser Menschen. Wer erinnert sich noch an ihre Namen und an das Schicksal dieser ehemals jüdischen Bevölkerung?“
Diesen Satz habe ich 2009 geschrieben. Nachdenklich, weil ich dachte die einstigen jüdischen Bürger würden im Nebel der Geschichte verschwinden und ihr Schicksal vergessen werden.
Aber in den vergangenen zwölf Jahren hat
sich viel zum Besseren gewendet. Ich habe das Leben der Juden in einem
wissenschaftlichen Buch zusammengefasst (Klaus Köhler, „Ein so schrecklich
zerrissenes Leben…“ Leben und Schicksal der Juden im Bezirk Korneuburg 1848 –
1946, Wien 2013.).
Georg Sofer, ermordet in Minsk
2015 hat der Museumsverein Korneuburg eine
Ausstellung zur ehemaligen mittelalterlichen Synagoge gemacht. Das Buch und die
Ausstellung haben großes Interesse erweckt. Vielen wurde erst bewusst, dass es
in den Städten Stockerau und Korneuburg lebendige engagierte jüdische Gemeinden
gab.
Die Stadt Stockerau hat ein Erinnerungs-Projekt gestartet, um durch Tafeln an den Häusern oder im Boden an die ehemaligen jüdischen Bürger, die vertrieben oder getötet wurden, zu erinnern.
Die Stadt Korneuburg hat sich entschlossen die ehemalige Synagoge zu kaufen und zu restaurieren, als Arbeits- und Ausstellungshaus für Künstler mit einem Gedenkraum für die verschwundenen Gemeinden. Noch ist aber es nicht so weit, denn auch hier hat sich Covid 19 als Hemmschuh erwiesen.
Drei engagierte Frauen des Museumsvereines haben ein Lese- und Arbeitsbuch für die Schüler der 3.Volksschulklassen herausgegeben, „Eine Zeitreise durch die Stadt“. Mit diesem Buch kann man Korneuburg kennenlernen. Die jüdischen Gemeinden sind selbstverständlich ein Teil dieser Geschichte.

Kaufhaus Sofer, Korneuburg, Hauptplatz 20
Mag. Klaus Köhler
Museumsverein Korneuburg,
Kustodiat Synagoge und jüdisches Leben in Korneuburg